Pfarrer Joseph Schelbert (1834
bis 1887)
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Pfarrer Schelberts Tod
Wie es oft bei den ländlichen Arbeiten ergeht, dass nämlich
nach einem hellen Morgen und klaren Mittag ein frühes Abendgewitter
plötzlich alle Tätigkeit auf dem Felde einstellt, so geschieht es
häufig auch im menschlichen Leben – und so ist es denn auch bei
Pfarrer Schelbert gekommen. Am 1. März 1887 stirbt Pfarrer
Joseph Schelbert in Maria Rain. |
Denkmal in der Kirche von Maria
Rain,
Pfarrer Schelberts letzter Wirkungsstätte
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„Eine eigenthümliche Fügung des Schicksals ist es, dass gestern fast um
dieselbe Zeit, da in Berlin der neugewählte Reichstag eröffnet wurde,
in Maria Rain die Leiche unseres bisherigen Vertreters im deutschen
Parlament, des hochw. Herrn Pfarrers Schelbert, der Erde übergeben
wurde“, schreibt die ‚Allgäuer Zeitung’ in ihrem Bericht über die
Begräbnisfeier vom 4. März 1887. „Als der Sarg in die Grube gesenkt
wurde, hörte man ringsum aus der wohl 1.200 Köpfe zählenden Volksmenge
Schluchzen, Weinen und Ausrufe des Schmerzes und Jammers. Auf dem
herrlich gelegenen Friedhofe von Maria Rain, angesichts der Berge, die
er so sehr geliebt und zu denen er so oft wonnetrunkenen Auges
hinaufgeschaut, liegt nunmehr Herr Pfarrer Schelbert zur ewigen Ruhe
gebettet.“ Das Grab ist heute noch dort.
Aus der Vielzahl von Nachrufen und Zeitungsstimmen seien nur diese
genannt: ‚Deutsche Reichszeitung’ Bonn: „Der 1. März ist für das
katholische Allgäu ein Trauertag geworden. Der bisherige
Reichstagsabgeordnete des Wahlkreises Immenstadt-Kempten Pf. Schelbert
ist plötzlich weggerafft worden. Das katholische Allgäu wird Schelbert
schwer vermissen, denn kein Geistlicher dieses Wahlkreises war so
populär, wie er.“ Sogar ein Schweizer Blatt, der ‚Appenzeller
Volksfreund’ widmete einen Nachruf: „Pfarrer Schelbert gehörte der
Zentrumspartei des deutschen Reichstages an und war ein angesehenes
Mitglied derselben. Namentlich that er sich als ländlicher Abgeordneter
in volkswirtschaftlichen Fragen hervor, wie auch seine
‚Reichstagsbriefe’ in der ‚Allgäuer Zeitung’ bekunden. R. I. P.“ Aber
nicht nur die gesamte katholische Presse, sondern auch die gegnerischen
Blätter erkannten nach dem Tode seinen offenen, ehrlichen Charakter und
dessen unwandelbare Überzeugungstreue rückhaltlos an. So schrieb das
nationalliberale ‚Tag- und Anzeigenblatt’ in Kempten: „Der Verstorbene
war als Politiker zwar ein Eiferer von derber Form, aber ein ehrlicher,
überzeugungstreuer und in seiner Art hochbegabter Mann.“ Die
demokratische ‚Frankfurter Zeitung’ schloss ihren Nekrolog mit den
Worten: „Durch seinen ehrlichen, offenen und überzeugungstreuen
Charakter können ihm selbst seine Gegner nicht die gebührende Achtung
versagen. Die Centrumspartei im Allgäu verliert mit dem Verblichenen
einen der tüchtigsten Kämpfer.“
Otto Schelbert
veröffentlicht in ‚Lebensbilder aus dem
Bayerischen Schwaben’ Band 15
mit freundlicher Genehmigung der Schwäbischen Forschungsgemeinschaft, Augsburg
und des Anton H. Konrad-Verlages, Weißenhorn
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